Stranger Things: Fazit zu Staffel 4 – Teil 2 der Netflix-Serie

Das (lange) Warten hatte am 01. Juli sein Ende: der zweite Teil von Stranger Things Staffel 4 wurde veröffentlicht. Das weltweite Interesse hat sogar zeitweise Netflix lahmgelegt. Wie in der Review zum Teil 1 erwähnt, war auch ich gespannt, wie die Geschichte rund um den Antagonisten Vecna zu Ende geht. Der zweite Teil der Staffel besteht aus zwei finalen Folgen mit einer Gesamtlaufzeit von fast vier Stunden. Auch hier wieder: akute Spoilerwarnung!

Wenn man über die Vorkommnisse von Teil eins der vierten Staffel nachdenkt, stellt man sich zwangsläufig auch die Frage, wie eigentlich alles zusammenhängt. Warum Vecna gerade diese drei (bzw. mit Max vier) Leute ausgewählt hat. Für mich war die Ursache, das jeder von ihnen sich in irgendeiner Weise Schuld aufgeladen hatte, die Vecna letztendlich gegen sie verwendet hat.

Wenn man aber bedenkt, das jeder von den bisherigen Opfern auch bei der Schulpsychologin war, komme ich zu dem Schluss, dass Vecna deshalb diese Leute ausgewählt hat, weil traurige/deprimierte Menschen eine leichtere, mentale Beute für ihn und seine Dunkelheit dargestellt haben.

Vecna selbst ist die personifizierte Dunkelheit. Deshalb finde ich das Element mit der Lieblingsmusik eigentlich umso passender. Dinge, die einen erfreuen, machen einen glücklich. Wenn es in diesem Fall eben das Lieblingslied ist, bringt es “Licht ins Dunkle”.

In einem meiner Gedanken zum zweiten Teil hab ich auch über das Outing von Will und das gemalte Bild geschrieben. Eigentlich gleich zu Beginn der siebten Folge wurde hier (für mich) Licht ins dunkle gebracht. Es wird zwar nicht wirklich direkt angesprochen, aber durch die Aussage “Wenn du anders bist, fühlst du dich wie ein Fehler” wird eigentlich klar eine Richtung vorgegeben, die der Charakter “Will” einschlägt.

Der emotionale Zusammenbruch am Ende des Dialogs mit Mike und die Tatsache, das sein Bruder Jonathan während der Fahrt zuhört und versteht, was Will eigentlich meint, bestätigt meine Vermutung. Das Bild war für mich letztendlich aber nicht als “Liebesbeweis” zu sehen – eher als Freundschaftsbeweis. Warum dann so lang ein Geheimnis um den Inhalt des Bildes machen?

Über Elf / Eleven lernen wir relativ schnell, das man sie eigentlich als Urheber der ganzen Vorkommnisse ausmachen kann. Als sie Henry / Eins in Folge 6 besiegt hatte, hat sie ihn nicht getötet sondern eigentlich dematerialisiert und dadurch das Upside Down mit dessen ersten Tor und damit auch die “Dunkelheit” erschaffen, die seit vier Staffeln Hawkins terrorisiert. Hat Elf also eigentlich die Macht der Dunkelheit, wie Vecna sie hat? Sollte man tatsächlich Angst vor ihr haben?

Auch die Historie des Upside Downs wird uns recht zügig aufgezeigt: Demogorgons und der “Lost’sche” Rauch waren vorher schon da. In seiner Transformation zu Vecna schafft Henry / Eins sich sein persönliches Reich und mithilfe des Rauchs tatsächlich auch den Mind Flayer. Das bestätigt meine Theorie, das Vecna tatsächlich schon länger seine krummen Finger im Spiel hatte, als erst seit der vierten Staffel. Was die Intention dieser Schöpfung ist, ist für mich noch nicht klar hervorgegangen.

Die beiden treffen auch erst in der neunten Folge, eine Stunde vor Ende der gesamten Staffel, das erste Mal aufeinander – und das auch eher durch Zufall, weil sich Elf Huckepack per Gefriertruhe ins Mind Lair zuschaltet. Die Theorie, das er sich seit vier Staffeln an Elf für dessen Gefangennahme rächen will, sehe ich hier also nicht.

Ich war mir stellenweise nicht mehr ganz sicher, welche Rolle eigentlich das Militär spielt. Geht diese Institution vom gerade beschriebenen Worst-Case-Szenario aus, das Elf eigentlich die Böse im ganzen Spiel ist? Der Auftritt dieser Gruppierung war für die Gesamtgeschichte nicht wirklich von wert. Sie haben in 2-3 Sequenzen mal kurz Radau gemacht und gezeigt wer der Boss ist – die Story vorangetrieben aber irgendwie ja doch nicht.

Das Dr. Brenner eine zwielichtige Gestalt ist und war, dürfte jedem klar gewesen sein. Das er Elf dann auch nicht einfach gehen lässt, war offensichtlich. Ich glaube auch nicht, das er wirklich tot ist – diesen Charakter werden wir wiedersehen.

Der Gamechanger des zweiten Teils, Mikes Monolog, der Elf in der Gefriertruhe letztendlich dazu verhilft, Vecna zu besiegen, war für mich zu wenig. Wie kann es sein, das Vecna nach ein paar motivierenden Worten nicht nur geschwächt wird sondern die vollständige Kontrolle verliert?

Die darauf folgende “Hero-Sequenz”, untermalt vom bereits bekannten “Staffel-4-Soundtrack” im Stranger Things-Remix, in der Huckepack-Elf Vecna im Mind Lair bekämpft, Steve, Nancy und Robin ihre Cocktails der Art „Molotow“ und ihre Schrottflinten am Oktopus-Vecna ausprobieren und Jim Hopper sich mit dem letzten Demogorgon einen sehr einseitigen Schwertkampf liefert ist eine der epischsten Szenen und ein Highlight des zweiten Teils von Staffel 4.
Running Up The Hill ist wahrlich ein sehr vielseitig einsetzbarer Song.

Up’s and Down’s in Stranger Things

Wenn ich mir die vierte Staffel komplett betrachte, haben sich die Autoren im ersten Teil wirklich die Zeit genommen, um uns eine tolle Geschichte vorzustellen. Leider haben sie dann gemerkt (zumindest habe ich den Eindruck), das vier Stunden im Vergleich zu neun Stunden doch zu wenig ist, um die vielen Details ordentlich zu Ende zu erzählen. Man hat zwar nicht wirklich den Eindruck, durch den finalen Teil der Geschichte gehetzt zu werden, aber es ist stellenweise vollgestopft mit Elementen, die vorkommen mussten, weil sie auch im ersten Teil einen Auftritt hatten. 

Eines der Beispiele ist für mich die ganze Sache mit dem Militär. Diese Gruppierung hat für den Weiterlauf der Geschichte in meiner Wahrnehmung keinerlei Auswirkung.

Dann die Basketballer-Jungs. Die Rache-Story konnte ich dem Anführer “Jason” nicht mehr wirklich abkaufen.

Und als letzte Figur, die letztendlich noch mit durchgeschleift wurde, war der Schmuggler “Yuri”. Ja, er hat im ersten Teil noch für einen interessanten Plott-Twist gesorgt, war aber für den Rest der Staffel nur noch ein Klotz am Bein. In der Szene, als Hopper, Joyce, Murray, Yuri und Dimitri (Tom Wlaschiha ist einfach ein wahnsinnig guter Schauspieler) durch die Kanalisation aus dem Gefängnis fließen und aus dem Gullydeckel aussteigen, sieht man danach nur Hopper, Joyce, Murray und Dimitri außerhalb des Gullys stehen.

Den verschnürten Yuri hat man für die Dialog-Sequenz nicht mal aus der Kanalisation geholt, weil er sowieso nur Protagonist im Hintergrund gewesen wäre. Ich hab mir schon fast gedacht, das sie ihn im Gefängnis zurückgelassen haben, aber in der nächsten Szene war doch wieder Teil der Gruppe.

Der erste Teil der Staffel hat sehr viel Handlungspotenzial aufgebaut, wie ich in meinen Gedanken zum zweiten Teil bereits erwähnt habe. Letztendlich haben sich die Autoren aber zu wenig getraut.

Eddie’s Tod war vorhersehbar und trotzdem emotional, aber hatte leider nicht die Strahlkraft, wie er sie verdient hatte. Zu Beginn der achten Folge wird er uns noch humorvoll als Serienkiller gezeigt (der Meinung der Hawkins-Einwohner wäre das ja auch die absolut richtige Darstellung) und man weiß eigentlich, das es für den Charakter nur einen Ausweg geben kann. Chrissy’s Tod hat ihn gebrochen und verändert – er gibt sich vielleicht sogar die Schuld daran. Er wollte nicht mehr weglaufen und hat sich geopfert.

Sein „Ende“ wird mit einem Moment eingeläutet, der mich an eine Szene aus „Batman Begins“ erinnert hat. Bevor er aber aufhört, weg zu laufen, bleibt er noch stehen. Auf dem Dach seines Wohnwagens im Upside Down und liefert für die fledermausartigen Viecher noch ein Wahnsinns-Metallica-Cover-Konzert und spielt „Master of Puppets“. Interessante und treffende Songauswahl. Diese Szene war eines liebgewonnenen Seriencharakters würdig.

Das Eddie’s Tod aber nicht honoriert wird bzw. die Wahrheit nicht wirklich aufgedeckt wird und dadurch sein Image immer noch das eines satanistischen Serienmörders bleibt, ist traurig und das hat der Charakter absolut nicht verdient. Deswegen geht einem der Dialog von Dustin und dem Onkel von Eddie letztendlich doch noch einmal sehr nahe. Ich hoffe, hier gibt es in einer Staffel 5 noch Gerechtigkeit. Jason hat hier mit seiner Selbstjustiz-Geschichte, für die er fairerweise auch bezahlt hat, zu viel angerichtet.

Die Russland-Story war lediglich dazu da, Hopper wieder zurückzuholen – er darf weiterleben. Selbst Max, die im ersten Teil schon fast von Vecna getötet worden ist wird von Vecna doch noch mal angegriffen und getötet. Dieses Schicksal trifft den Zuschauer viel härter, als die anderen drei Tode, weil sie gefühlt schon sicher war und auch nicht wirklich auf dieselbe Weise gestorben ist, wie die anderen Vecna-Opfer. 

Diese Szene lässt den Zuschauer erstmal schockiert und verwirrt zurück. Jeder kannte schon den Ablauf des “Vecna-Todes” und sobald man (grob gesagt) die Knochen knacken hört und sieht, weiß man, das es für die Figur vorbei ist. Hier haben die Autoren aber dann den Twist eingebaut, der den Zuschauer für die letzten 10-15 Minuten hin- und herreißt: Max stirbt durch den Vecna-Griff nicht endgültig, aber ist dermaßen schwer verletzt, das sie (logischerweise) ihren Verletzungen erliegt.

Da Elf aber immer noch “Huckepack aus einer Gefriertruhe” mit dabei ist, versucht sie, Max wieder zurückzuholen, während aber die Prophezeiung der vier Tore, die Nancy am Anfang des zweiten Teils bzw. Folge 8 von Vecna selbst erzählt bekommt, in Erfüllung geht.

Danach scheint es, das tatsächlich alles (gerade noch) gut gegangen ist: Max ist wie durch ein Wunder doch noch/wieder am Leben und die vier Tore, die sich verbunden haben, haben “nur” großflächigen Schaden angerichtet. Die prophezeite “Verbindung” der Welten, hat scheinbar doch nicht stattgefunden. Am Ende der Staffel wird man aber doch eines besseren belehrt – das Upside Down ist da.

Letztendlich bin ich immer noch der Meinung, das der Gesamtgeschichte eine Aufteilung in mehr als 9 Folgen mit angenehmeren Folgen-Laufzeiten besser getan hätte. So wäre die “Russland-Sidestory”, die mit der Hauptgeschichte und dem Kampf gegen Vecna nicht wirklich etwas zu tun hatte, nicht so untergegangen, wie es gefühlt hier der Fall war. 

Erwartungen an die fünfte Staffel von Stranger Things

Alles in allem: am Ende der vierten Staffel wurde noch einmal alles an Charakteren an Bord geholt, was vorhanden ist. Kein etablierter Charakter musste sterben und alles dürfte für das große Finale in einer fünften Staffel vorbereitet sein. Vecna ist nach seiner Niederlage und dem Sturz aus dem Fenster seines Hauses im Upside Down wahrscheinlich auch nicht endgültig tot. In Staffel 5 könnte er sich also endgültig an Elf rächen wollen.

Wahrscheinlich wird auch Will’s Verbindung zum Upside Down, das in den letzten Szenen der vierten Staffel noch einmal angedeutet wird, wieder eine größere Rolle spielen. In dieser Staffel dürfte uns die Geschichte von Hawkins und seinem dunklen Bruder “Upside Down” tatsächlich zu Ende erzählt werden.

Man darf gespannt sein, wann es für uns wieder nach Hawkins gehen wird.

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