King Richard – Fazit zum oscarnominierten Filmdrama

Offizieller Trailer zu „King Richard“ mit Will Smith

Als ich mich Anfang 2022 mit den oscarnominierten Filmen beschäftigt habe, ist mir natürlich auch „King Richard“ untergekommen. Dieser Film war in insgesamt sechs Kategorien nominiert, darunter in der Hauptkategorie als „bester Film“ und Will Smith als „bester Hauptdarsteller“. Die Auszeichnung „bester Film“ hat King Richard zwar nicht erhalten, Will Smith hat aber trotz seiner Ohrfeigen-Geschichte den Preis als „bester Hauptdarsteller“ entgegen nehmen dürfen. Verdient? Mehr dazu später.

Meinung zum Film „King Richard“

Insgesamt hat mich der Film mit seinen zweieinhalb Stunden Laufzeit durchaus unterhalten. Die beiden Hauptfiguren Venus und Serena Williams und deren Leistungen als Sportlerinnen sind mir natürlich ein Begriff, mit Tennis kenne ich mich aber nicht wirklich aus. Und trotzdem hat mich der Film abgeholt und in mir kurzzeitig den Gedanken aufblinken lassen, mich vielleicht doch einmal mehr mit dem Universum „Tennis“ auseinander zu setzen.

Damit meine ich weniger, es selbst einmal probieren zu wollen, wobei ich mir aber sicher wäre, das ich durchaus nachvollziehen könnte, das der Tennissport den schöseligen Ruf, den der Film Anfangs immer mal wieder durchscheinen lässt, nicht verdient hat, sondern ich würde gern mehr über den Sport an sich und dessen Reglements lernen wollen.

Noch zu erwähnen ist, das ich den Film in deutscher Synchronisation gesehen habe.

Über den gesamten Film hinweg hatte ich wirklich sehr oft den Eindruck, das die Stimmung unter den Charakteren kippt. Richard Williams eckte mit seinem Auftreten bis zur Mitte des Films zu oft an, ohne das es mal richtig „gescheppert“ hat.

Ab hier folgt ein Spoiler zum Inhalt des Films.

Als Beispiele möchte ich zwei Szenen mit Rick Macci (Jon Bernthal) erwähnen: wenn man wie ich im Hinterkopf hat, was Jon Bernthal sonst für Rollen spielt (Shane in The Walking Dead, Frank Castle in The Punisher oder Grady „Rattenarsch“ Travis in Fury – Herz aus Stahl) und man alleine seine Macho-Intro-Sequenz, in der er in seinem Tennis-Club zum Telefon gebeten wird, betrachtet, hab ich nur Konflikt-Potenzial gesehen. Wie gesagt, Richard Williams ist kein einfacher Charakter.

Szene 1: Rick Macci legt der Familie Williams seinen Trainer-Vertrag vor. Alles schön und gut. Dann aber legt Richard Williams SEINEN Vertrag vor, in dem enthalten ist, das fast die gesamte Familie Williams mit nach Florida reisen soll. Weil Macci aber scheinbar tatsächlich das Potenzial der beiden Williams-Schwestern erkennt, stellt das offensichtlich kein Problem dar. Das Schweigen zuvor hatte aber doch einen Hauch von Explosivität.

Szene 2: Richard Williams diskutiert mit Rick Macci (zum ersten Mal) die Thematik mit den Junioren-Turnieren. Auch hier läuft, trotz explosiven Thema, zumindest in dieser Diskussion, noch alles ruhig ab. Im späteren Verlauf des Filmes, geraten die beiden eben wegen diesem Thema doch noch einmal lautstark aneinander.

Trotzdem ging für den Großteil des Filmes alles gut. Trotzdem emotional anstrengend.

Spoiler-Ende.

Das immerwährende Aufsagen der vollständigen Namen von Venus Williams und Serena Williams wirkt insgesamt fast wie ein Mantra des Vaters. Zu Beginn hat mich dieses Details zutiefst genervt, wenn man diese Vaterfigur aber im Laufe des Films näher kennen lernt, gewöhnt man sich daran.

Die Filmmusik war sehr gut gewählt und über den gesamten Film absolut stimmig.

Die finale Szene mit dem bedrückenden Stadion und den danach euphorischen Fans war großartig und hat für mich die Geschichte des Films absolut abgerundet. Auch schön zu lesen war der weitere Werdegang beider Schwester, sowie Film-Ausschnitte der realen Personen.

Weil die über zwei Stunden Laufzeit vielleicht etwas zu viel des Guten sind und man mit dem Hauptcharakter erst warm werden muss, lautet meine Letterboxd-Wertung:

Bewertung: 3.5 von 5.

Gedanken eines Vaters

Ich wurde vor dem Ansehen des Filmes drum gebeten, mir den Film auch aus Sicht eines Vaters anzusehen. Da der Großteil des Films auf den kurz auch einmal polizeilich angeprangerten Erziehungsmethoden von Richard Williams basiert, möchte ich mein Fazit damit tatsächlich gerne noch erweitern.

Größtenteils fand ich seine Haltung sehr schwierig – weil egoistisch. Diese ganze Thematik mit „dem Plan“ den Richard Williams vor der Geburt beider Mädchen aufgestellt hatte, klang vor allem zu Beginn des Films sehr nach „da will sich einer mithilfe seiner Kinder ins Rampenlicht befördern, weil er selbst es nicht geschafft hat“. Beispiele sowohl fiktiv als auch real gibt es zuhauf. Wie im späteren Verlauf des Films aber erkennbar, ist das professionelle Tennisspielen aber definitiv der Hauptwunsch beider Schwestern.

Immer wieder „Der Plan“, „Der Plan“. Die Gründe dafür kann ich absolut nachvollziehen und werden bei der eingangs angedeuteten Szene mit dem Jugendamt und der Polizei auch nochmal sehr emotional unterstrichen. Die dunkelhäutige Bevölkerung hatte es damals, wie auch heute nicht leicht und wird immer wieder in eine Schublade gesteckt. Aus dieser Schublade wollte Richard Williams seine Kinder von vornerein heraushalten. Und das rechne ich ihm als Vater tatsächlich hoch an.

Weil er aber immer wieder auf „den Plan“ verweist, geht man eigentlich davon aus, das dieser hauptsächlich aus strengen Verhaltensregeln besteht. Umso verwirrender ist dann die Thematik, das er aber genauso das Thema „Hab Spaß bei dem was du tust“ propagiert. Diese zwei Ansichten passen für mich aber irgendwie doch schwer zusammen. Einerseits einem strikten Plan folgen, das Ganze aber nur unter der Voraussetzung zu machen, dabei auch Spaß zu haben. Bei den Williams-Schwestern hat es aber offensichtlich funktioniert.

Was aber eines der schwierigsten Themen als Eltern darstellt, ist die Tatsache, einzugreifen. Richard Williams hat über den gesamten Film versucht, seine Meinung (siehe „offene Beinstellung“) alles und jedem aufzudrücken. Und das selbst renommierten Tennislehrern. Da war er stur.

Und so komme ich zu einem Punkt, der zwar theoretisch sehr schön klingt, aber praktisch natürlich schwer umzusetzen ist: man muss Vertrauen zu anderen haben.

Richard Williams hat seine Töchter vielen Tennislehrern angeboten, wovon nur einer letztendlich nachgegeben hat. Und statt Vertrauen in ihn zu haben, wollte er ihn korrigieren. Warum suche ich mir dann Hilfe? Er selbst hatte ja erkannt, das er mit seinem Fähigkeiten an einer Grenze war und die beiden Tennis-Schwestern auf das nächst höhere Level müssen.

Ich bin der Meinung, das man als Eltern in der Verantwortung ist, ein ordentliches Fundament für das Kind zu legen, damit es später in Eigenverantwortung Entscheidungen treffen kann. Das hat Richard Williams im Laufe des Films auch selber gemerkt (siehe „Nike-Vertrag“). Man darf und soll seinen Kindern beratend mit seiner Lebensweisheit zur Seite stehen, die Erfahrungen müssen die Kinder aber auch selbst machen. Aber wie gesagt, es ist einfacher in der Theorie gesprochen, als praktisch umgesetzt.

Auszeichnung „Bester Hauptdarsteller“

Will Smith hat für die Darstellung des Richard Williams bei der Oscarverleihung 2022 den Oscar als „Bester Hauptdarsteller“ verliehen bekommen. Noch nonimiert für diese Auszeichnung waren:

Javier Bardem für Being the Ricardos
Benedict Cumberbatch für The Power of the Dog
Andrew Garfield für Tick, Tick…Boom!
Denzel Washington für Macbeth

Neben „King Richard“ habe ich VOR der Oscarverleihung 2022 „The Power of the Dog“ und „Tick, Tick…Boom!“ gesehen.

Die schauspielerische Leistung von Benedict Cumberbatch als Phil Burbank war zwar im Gegensatz zu den anderen Figuren, die er gespielt hat, durchaus anerkennenswert, aber auszeichnungswürdig eben nicht. Das der Film trotz 12 Oscarnominierungen nur eine, und zwar „beste Regie“ gewonnen hat, hat mich in meiner Meinung bestätigt.

Andrew Garfield als Jonathan Larson hat mich aber umgehauen. Dieser Film war für mich eine 5/5 und die schauspielerische Leistung für mich gigantisch. Garfield hat es geschafft, den bereits verstorbenen Jonathan Larson fast perfekt zu imitieren und dadurch wieder zum Leben erweckt. Das unterstreichen auch die Aussagen von Larsons eigener Schwester. Außerdem hat Andrew Garfield für diese Rolle noch lernen müssen zu Singen. Und wenn man den Film sieht bzw. die Filmmusik aber Spotiy nachhört, ist die Leistung, die Andrew Garfield für diesen Fim aufgebracht hat, nur noch herausragender. Leider wurde das bei der Oscarverleihung eben nicht honoriert.

Da ich die Leistung von Javier Bardem und Denzel Washington nicht bewerten kann, komme ich also zu letztendlichen Gewinner, Will Smith. Hat er meiner Meinung nach die Auszeichnung im Vergleich zu seiner Konkurrenz verdient? Eher nicht.

Auch er hat es zwar geschafft, die Person Richard Williams sehr gut zu imitieren. Das zeigen, wie auch bei Tick, Tick…Boom! die realen Filmausschnitte im Abspann. Aber Will Smith musste für diese Rolle nicht 110% geben. Emotionale Rollen KANN Will Smith – siehe seine bisherige Filmografie.

Wenn ich also einen Andrew Garfield sehe, der für eine Rolle 150% gibt und für einen Musical-Film Singen lernt und mit einem Will Smith vergleiche, der „nur“ seine bisherigen, schauspielerischen Erfahrungen anwenden muss, hätte es der Amazing Spider-Man eben meiner Meinung nach mehr verdient gehabt.

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